Diapositive digitalisieren - Ein DIY-Projekt für Foto-Geeks
Wie bei vielen anderen stapeln sich auch bei mir in einem Schrank im Keller die Diamagazine mit Bildern alter Erinnerungen. Nicht alle Dias sind aus meiner heutigen Sicht erhaltenswert, aber einige eben schon. Wohl gibt es heute preisgünstige Digitalisier-Dienstleister, aber dafür müssten zuerst diese erhaltenswerten Dias aussortiert werden. Das heißt, ich müsste jedes Magazin durchsehen. Wenn ich mir diese Zeit nehme, so könnte ich das betreffende Dia in diesem Zug auch gleich selbst digitalisieren. Mit welcher Technik könnte man das anpacken?
Als Erstes muss der Qualitätsanspruch definiert werden. Ich fotografiere seit 1968 mit Nikon-Spiegelreflexkameras und guten Objektiven, Dias damals bevorzugt auf Kodachrome II Film, später auch auf Ektachrome 400 ASA. Ersterer war berühmt für seine hohe Auflösung, letzterer für sein prominentes Korn. Beides möchte ich in der digitalen Version wiederfinden können. Unter dem Strich bedeutet das, dass die Technik ein Auflösungsvermögen von mindestens 3000 dpi aufweisen müsste, lieber besser, und wegen dem hohen Kontrastumfang eines Diapositives ist ein Digitalisierungsbereich der Helligkeit mit 8 bit (256 Stufen) zu eng. Man läuft damit vor allem in den Schatten in Gefahr, Zeichnung zu verlieren.
Entschließt man sich für das Digitalisierungs-DIY, und denkt die technischen Möglichkeiten durch, so kommt man zum Schluss, dass der Zeit und Platz-Aufwand mit einem 3-stufigen Workflow am geringsten ist: 1. Überlegen, wie die Dateien benannt und in welcher Dateistruktur diese abgelegt/gespeichert werden sollen - 2. Mit dem Diaprojektor die Sammlung durchsehen und die erhaltenswerten Dias aussortieren; diese evtl. für spätere Verwendung beschriften - 3. Sortierte Dias zügig digitalisieren.
Mein Negativ- und Diascanner „Nikon Super Coolscan 5000 ED“ tastet mit 4000 dpi in 16 bit ab. Die Qualität ist mit der Nikon-Scan Software für Schwarz-Weiß- und Farb-Negative gut, aber ein Scan dauert ca. 1 Minute. Diapositive werden mit guter Auflösung digitalisiert, aber ich habe es mit der Nikon-Scan-Software nicht geschafft, direkt zufriedenstellende Farben und Kontraste zu erhalten. Jedes Bild musste ich in Photoshop nachbearbeiten. Man könnte als Vorteil sehen, dass der Scanner für Farbmaterial mit „ICE 4“ ein gut funktionierendes System zur Kratzerunterdrückung aufweist, was nach meinem Empfinden aber zusätzlich Scanzeit erfordert. Wer mit seinen Dias sorgfältig umgegangen ist, wird aber kaum Kratzer haben. In diesem Sinne setzte der Coolscan 5000 ED den Arbeitsstandard mit dem ich die anderen Verfahren verglichen habe.
Diareproduktion mit Flachbettscanner mit Durchlichteinheit.
Flachbettscanner sind optisch und elektronisch für Bilder auf Papier im Format bis DIN A4 optimiert. Das ist punkto Auflösung und Kontrastumfang eine völlig andere Liga als ein Diapositiv. Der Dichteumfang eines Diapositivs umfasst schnell mal 8 Blendenstufen, das entspricht einem Kontrastumfang 1:256, während ein Papierbild mit einer Dynamik von 6 Blendenstufen, 1:64, schon die obere Qualitätsstufe darstellt. Das Helligkeitssignal auf dem Zeilensensor wird durch die Beleuchtungsquelle definiert, und die Dunkelempfindlichkeit wird durch das Detektorrauschen begrenzt. Bei den verwendeten Lichtquellen und Abtastzeilen ist das der limitierende Faktor.
Ein weiterer Faktor, der sich bei der Filmabtastung negativ auswirkt, ist die geringe Tiefenschärfe der Abtastoptik. Um die spezifizierte Auflösung zu erreichen, muss die Scanvorlage exakt in der Abtastebene liegen. Diapositive, insbesondere gerahmte, sind aber oft gewölbt.
Mit guten Flachbettscannern, wie den aus der Familie Epson V700 bis V850, können brauchbare Ergebnisse erzielt werden, wie Thomas berichtet. Selbst habe ich einen Canon CanoScan 9950F. Mein Eindruck ist, dass mit Flachbettscannern die Qualität, die in einem guten Analog-Dia steckt, nicht herausgeholt werden kann.
Diareproduktion mit ehrwürdigem 1970 Mannesmann Multiblitz Color Dia-Duplicator und Kamera an Reprosäule
Dieses Kästchen wird heute ab und zu im Internet gebraucht angeboten. Es ist für Diapositive von 6 cm x 7 cm und kleiner ausgelegt. Es enthält eine Dauerlichtquelle zum Fokussieren und eine Blitzquelle zum Belichten. Mannesmann war ein angesehener Hersteller von Studioblitzanlagen, und auch wenn das Gerät fast 50 Jahre alt ist, muss man nicht befürchten, dass man über Hochspannungspegel auf dem Synchrokontakt seine Digitalkamera ruiniert
Es wäre das ideale Gerät, wenn die Blitzintensität sich runterregeln ließe. Mit dem Micro-Nikkor 2,8 105 mm musste ich auf 32 abblenden, um bei ASA 100 Überbelichtung zu vermeiden. Beugungsunschärfe reduziert dann die Auflösung sichtlich. Man könnte sich mit ND-Filtern vor dem Objektiv behelfen. Dann ist aber das Fokussierlicht zu dunkel. Ein Filterglas bei Abbildungsmaßstab 1:1 wird die Schärfeebene verschieben und kann auch die Abbildungsschärfe reduzieren. Eine ND-Folie unter dem Dia könnte helfen, nur darf beim Einschieben nach dem Fokussieren die Lage des Dias nicht verschoben werden. Jedenfalls führen beide Filterverfahren zu einem Gefummel am Aufbau, das die Schärfe beeinträchtigen kann.
Projektorbasierte Verfahren: Abbildung des Dias aus dem Projektor mit einer Digitalkamera
1 Projiziertes Bild von der Leinwand fotografieren
Qualität wird bestimmt durch die Projektionsoptik und dem Reflexionsverhalten der Leinwand/Projektionsfläche.
Unbefriedigend: Auflösung schlecht, jede Inhomogenität der Projektionsfläche (Wellen „Perlstruktur“, Gewebestruktur, etc.) ist im digitalisierten Bild sichtbar.
2 Durch das Projektionsobjektiv in den Projektor fotografieren
Bedingt durch den Beleuchtungsstrahlengang im Projektor (Kondensor entwirft ein Bild der Halogenleuchtquelle in das Projektionsobjektiv) weist das reproduzierte Bild einen starken Lichtabfall nach außen auf. Indiskutabel unbefriedigend.
3 Modifikation des Kondensors, Aufnahme des Dias ohne Projektionsobjektiv
Ohne Projektionsobjektiv wird das Dia direkt mit der Digitalkamera aufgenommen. Der im Projektor eingebaute Kondensor ist aber nicht für diesen Strahlengang konzipiert. Zusammen mit dem Kameraobjektiv entsteht ein Digitalbild mit stark überstrahltem Bildzentrum. Die optische Funktion des Kondensors kann neutralisiert werden, indem zwischen dem Wärmeschutzfilter und dem Dia eine starke Streuscheibe (Opalglasscheibe vom lokalen Glasermeister passend zugeschnitten) eingeschoben wird. Theoretisch ist das OK. Praktisch hat man folgende Probleme: Halogenlampe, 150 Watt !!, erzeugt trotz Wärmeschutzfilter eine hohe Temperatur, so dass sich der Diafilm meistens durchbiegt. Mitte und Ecken des Dias gleichzeitig scharf abzubilden erfordert Blende 22 oder mehr, was der Abbildungsschärfe abträglich ist. Halogenlampe, 150 Watt !!, muss durch Ventilator gekühlt werden. Die Unwucht des Ventilators führt zu Vibrationen, welche die Abbildung verwackeln. NB. : Die Position des Dias darf sich in der Belichtungszeit gegenüber dem Kamerasensor nur um höchstens einem Digitalpixel verwackeln. Bei einer 40 MB-Kamera bei Abbildungsmaßstab 1:1 beträgt diese Distanz am Ort des Dias nur etwa 4,8 Tausendstelmillimeter! In der Summe führen diese Punkte zu einem unbefriedigenden Resultat.
4 Modifizierter Projektor: Ersetzen Halogenlampe-Kondensor durch Opallampe
Entfernt man den Kondensor und die Halogenlampe und ersetzt die beiden durch eine Opallampe (waren in Vergrößerungsgeräten üblich) direkt hinter dem Dia, so erhält man eine sehr homogene Ausleuchtung. Dazu muss der Projektordeckel entfernt werden. Da keine heiße Halogenlampe gekühlt werden muss, braucht der Ventilator nicht zu laufen und man ist die Vibrationen los. Allerdings muss man sich dann auf den manuellen Diatransport beschränken. Ein experimenteller Aufbau ist in neben stehendem Bild gezeigt. Wenn sorgfältig fokussiert wird (Live-View!), mit hochgeklapptem Spiegel belichtet wird und der Weißabgleich manuell optimiert wird, gelingen Aufnahmen, die mindestens ebenso viele Details zeigen, wie die Coolscan 5000 ED – Bilder, aber in Farben und Kontrast knackiger wirken. In der Summe: Sehr brauchbar.
ABER: Ohne Deckel funktioniert der Diatransport nicht mehr richtig. Der Deckel hat in der Regel eine extra Diaführung, die dafür sorgt, dass auch kartongerahmte Dias richtig eingefädelt werden. Ohne Deckel klemmen sich die Dias ein, so dass ein wichtiger Vorteil der projektorbasierten Diareproduktion – der schnelle Diawechsel – verloren ist.
Reproduktion mit modifiziertem Ständer und Diffusorbox
Da keines der diskutierten Verfahren in der Praxis überzeugt, kam ich auf das alt hergebrachte Verfahren mit Reprosäule zurück.
Nun, Reprosäulen, wie die oben abgebildete, sind wackelig. Aber, Heimwerker kennen es, Bohrständer in die eine Handbohrmaschine eingespannt werden, können sehr stabil sein. Ein besonders stabiler und zudem preiswerter Ständer ist die Bohr- und Fräsbank BFB 2000 von Proxxon.
Diese weist eine Einspannvorrichtung für Handbohrmaschinen mit 43 mm Spindelhals auf. Ich habe mir dafür einen Adapter anfertigen lassen, der in die 43 mm Aufnahme passt, und an den mittels ¼ Zoll-UNC-Stativschraube eine Kamera befestigt werden kann; vgl. Bild
An diesem Ständer wackelt nichts! Der Ständer weist zudem einen präzis einstellbaren, praktisch spielfreien Schlitten auf, der im Fräsmodus des Ständers mit einer Stellschraube 0,1 mm-genau in der Höhe justiert werden kann, was einen separaten Einstellschlitten für die Kamera einspart.
Als Beleuchtungsquelle für die Diapositive habe ich mir aus MDF- und Dibond-Reststücken eine kleine Diffusorbox gebaut, die eine sehr homogene Beleuchtung gewährleistet. Das Innere der Box habe ich mit Blanc Fix (Barytweiß, Bariumsulfat, Schwerspat) beschichtet (Rezept siehe hier). Für diesen Zweck hier würde aber auch eine Titandioxid-Dispersionsfarbe (Wandfarbe vom Baumarkt) gut genug sein. In die Box strahlt auf der einen Seite eine G9-LED-Lampe als Fokussierbeleuchtung ein. Die gegenüberliegende Seite weist eine Öffnung auf, in die mein Blitzgerät hineinstrahlen kann. Meine Erfahrung ist, dass für Makroaufnahmen eine Blitzbeleuchtung zu schärferen Bildern führt als Dauerstrichbeleuchtung (kurze Belichtungszeit!). Blitzlicht hat außerdem ein Emissionsspektrum, das eine zuverlässig reproduzierbare Weißbalance ermöglicht. Das Blitzgerät verbinde ich mit einem TTL-Hot-Shoe-Kabel mit der Kamera und bekomme so gut belichtete Diakopien.
Objektive: Ich habe an meiner Nikon D800 mit dem AF-S Micro-Nikkor 105mm 1:2.8G, einem Micro-Nikkor 55mm 1:2.8 mit PK-13-Zwischenring und einem Vergrößerungsobjektiv Rodenstock Apo-Rodagon 50mm 1:2.8 in einer Fokussierfassung experimentiert. Beim Vergrößerungsmaßstab von 1:1 habe ich mit allen drei bei Blende 5,6 die schärfsten Reproduktionen erhalten, wobei mit allen mindestens die Schärfe des Diascanners „Nikon Super Coolscan 5000 ED“ erreicht wurde. Die sichtbar schärfsten Reproduktionen lieferte das 55mm Micro-Nikkor. Mein Exemplar habe ich 1979 gekauft, Nikon fertigt dieses Modell noch heute – kein Wunder, es ist super scharf!
Mit diesem Aufbau habe ich die besten Erfahrungen gemacht: Mechanisch sehr stabil, präzis, zuverlässig, exzellente Reproduzierbarkeit, und der Diawechsel gelingt ausreichend flink.
Die Kamera habe ich via USB-Thethering-Kabel ferngesteuert. Ich benutze dazu die Software Capture One, die ähnlich wie Lightroom Classic, Fernsteuerfunktionen eingebaut hat. Als Blitzgerät verwende ich mein Nikon Speedlight SB-800, das mit einem Nikon SC-28 äquivalenten Kabel mit der Kamera verbunden ist. So wird die TTL-Blitzsteuerung der Belichtung gewährleistet.
Fokussieren (Offenblende!): Mit Live-View habe ich nicht gute Erfahrungen gemacht. Wegen der beschränkten Pixelzahl, die dargestellt wird, ist es nicht gut möglich, den besten Fokuspunkt zu finden.
Bemerkung zum Live-View von Nikon DSLR-Kameras: In den Kameramodi M und A erfolgt die Live-View-Darstellung bei Arbeitsblende! Das ist kein Nikon-Bug sondern ein Feature, das in dieser Anwendung hier bedacht werden sollte. Andere Kameras können sich in dieser Hinsicht anders verhalten.
Auf die Fokusanzeige der Kamera kann man sich leider nicht 100%ig verlassen. Sie lässt viel Spielraum zu. Die zuverlässigste Fokuseinstellung habe ich bekommen, wenn ich eine Serie Bilder (Blende voll offen!) aufgenommen habe, bei denen mittels der Einstellschraube am Schlitten der Abstand jeweils um 0,2 mm verändert wurde (immer von der gleichen Seite anfahren!). In der 200%-Vergrößerung am Bildschirm fällt die beste Fokuseinstellung gut ins Auge. Es lässt sich so auch die Bildschärfe in den Bildecken und der Mitte vergleichen.
Belichtung (Objektiv 2 Stufen abblenden!): Mit dem Histogramm-Tool der Tetheringsoftware kann jeweils sofort auch die Belichtung beurteilt und gegebenenfalls gleich korrigiert werden. Ich belichte jeweils so, dass das rechte Ende des Histogramms gerade kein Ausfressen der Lichter anzeigt (ETTR-Regel – expose to the right). Die Kameraempfindlichkeit kann mit dieser Diffusorbox ruhig auf die Basisempfindlichkeit des Sensors mit dem größten dynamischen Bereich eingestellt werden. Bei der D800 ist das 200 ASA. Ich habe so über Tage (!) mehrere hundert Dias kopiert, ohne am Fokus etwas ändern zu müssen.
Abschließend noch einige Bemerkungen zu den Arbeitsabständen. Dabei komme ich aber nicht um einige Formeln herum. Formeln kann ich aber mit meinen Webbaukasten nicht zufriedenstellend darstellen. Deshalb hier der Text zum Download: